Freitag, 5. April 2013

Was machst Du eigentlich nachts?

Tja, noch vor ein paar Wochen hätte ich auf diese Frage geantwortet: Auf jeden Fall nicht schlafen.
Als Neugeborenes hielt sich unser Purzel streng an den 3-Stunden-Fütterungsplan, der von manchen Hebammen propagiert wird. Drei Stunden Abstand von Beginn einer Mahlzeit zum Beginn der nächsten sind toll. Zumindest tagsüber. Denn man darf dabei nicht vergessen, dass das Stillen ja nicht innerhalb von einer Minute abgehandelt ist. Zum damaligen Zeitpunkt vollzog sich die Prozedur "Erste Brust" - "Zwischendurchwickeln damit Purzel munter bleibt" - "Zweite Brust" innerhalb eineinhalb Stunden. Gerade der Teil "Zweite Brust" entbehrte einer gewissen Kooperationsbereitschaft meines kleinen Gegenübers, das es lieber vorzog nach dem Wachwickeln einzuschlafen. 'Jo', denkt man, 'dann leg ich Dich halt wieder ins Bett und mich auch *gähn*'.
Doch spätestens eine Stunde nach diesem genialen Einfall bereute ich das schon wieder, da Purzels Magen nicht ausreichend für eine normal lange Stillpause gefüllt war. Und wer schon mal nachts, nachdem er gerade vor fünf Minuten in den Tiefschlaf gefallen ist, zärtlich von einer Feuerwehrautosirene geweckt wurde (gefühlt steht das Feuerwehrauto direkt neben meinem Bett, obwohl Purzel im eigenen Zimmer schläft), kann meine Bereitschaft zum erneuten Aufstehen in etwa nachfühlen. Aber selbst, wenn alles nach Plan lief - wer in Mathe aufgepasst hat, weiß es schon - blieben nur weitere 1,5 Stunden zum Schlafen. Ich muss nicht erwähnen, dass mitunter das Einschlafen schwierig sein kann, wenn man mehr als eine Stunde wach war und neben einem, natürlich nicht, geschnarcht wird.

Damals habe ich auch noch nachts im Wohnzimmer gestillt. Ich gebe zu, ja, sogar nebenbei ferngesehen. Denn 30 - 40 min nur die Wand anschauen, war mir schlicht zu langweilig. So habe ich mich vom Nachtmagazin, zu Telekolleg "Mathematik" (das kommt nachts auf Bayern Alpha) zum Morgenmagazin gehangelt. Wusste jemand, dass das Morgenmagazin schon ab 5:30, in meinen Worten halb sechs, sendet? Durch das ganze Hin und Her laufen zwischen Kinderzimmer - Wohnzimmer - Kinderzimmer (da ist der Wickeltisch) - Wohnzimmer - Kinderzimmer ist Purzel, wenn ich sie wieder ins kuschlige Bett legen wollte, aufgewacht. Ich konnte noch so andächtig durch den Flur schreiten, spätestens wenn die Maus in die Horizontale befördert wurde, schossen die Arme in die Luft und gingen die Augen auf. Scheiß Moro-Reflex.
In dieser Zeit kam ich in Summe auf etwa 5 bis 6 Stunden Schlaf pro Tag und war entsprechend gutgelaunt. Ein geradezu angenehmer Umgang für meinen Mann.

Ein Tipp unserer Nachsorgehebamme lautete: "Still mal nachts nicht im Wohnzimmer, sondern im Kinderzimmer, bei möglichst wenig Licht und Aktivität." Hmm, das heißt ich darf nicht mehr fernsehen beim Stillen? Aber, aber ... Na gut. Mein Mann war sogar so lieb mir extra noch einen Sessel beim gelb-blauen Möbelriesen zu besorgen, damit ich es auch einigermaßen bequem hatte. So verbrachte ich nun die folgenden Nächte in einem halbdunklen und kalten Zimmer. Selbst das dicke Einpacken in Pullover und Schal bewahrte mich nicht vor Halsschmerzen. Zum Glück konnte ich dann die Heizdecke, die ich mir zum 30. Geburtstag (wahre Geschichte) gegönnt hatte, genießen - Herrlich, in ein warmes Bett steigen zu können. Durch das Verlegen der nächtlichen Aktivitäten konnte ich zumindest das Prozedere, wenn es gut lief, auf ca. 1 Stunde und 10 min verkürzen. Nicht zu wickeln habe ich mich nicht getraut, da unser Purzel damals noch stark mit wundem Po zu kämpfen hatte. Beim Stillen blieb mir Zeit Blogs zu lesen und nach wichtigen Fragen, die mich derzeit beschäftigten - "Baby durchschlafen", "Baby nachts wickeln", "Baby Selbstversorger" - zu googeln.

Und dann kam die Zeit als Purzel nur noch nachts um drei oder um vier gestillt werden wollte. Seitdem fühlte ich mich wieder ein bisschen wie ein Mensch, wenn ich um 8 oder um 9 aufstand. Je nachdem, ob Purzel noch mal um 7 gefüttert werden wollte. Kennt Ihr das frustrierende Gefühl 10 min vor dem Weckerklingeln aufzuwachen? Egal, es war eine deutliche Verbesserung zu vorher.

Und am letzten Sonntag, dem Ostersonntag, wachte ich früh auf. Mit schmerzender Brust. Mein verdatterter Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits 7 Uhr war. Entweder hatte Purzel sich nicht gemeldet oder ich hatte so tief geschlafen, dass ich sie nicht gehört hatte und sie sich weinend wieder in den Schlaf nuckeln musste (ja, sie hat den Daumen entdeckt, und seitdem ist er beste Einschlafhilfe, ich weiß, alles ganz schlimm - aber das ist ein anderes Thema). Ich erstmal aufgestanden, an Schlafen war leider nicht mehr zu denken und erstmal abgepumpt. Aus dem Babyphon, das bei uns im Wohnzimmer steht, hörte ich Purzel husten - okay, sie lebt noch und hat auch nicht vor Frust über ihre taube Mutter die Wohnung verlassen und sich einem Wanderzirkus angeschlossen. Es wurde um acht, halb neun, um neun. Purzelpapa war nun mittlerweile auch schon auf und so hab ich unsere Maus geweckt. Sie strahlt, also alles okay. Trinkt zwar wie ein Berserker, aber das ist ja nichts ungewöhnliches.
Die nächste Nacht konnte ich nicht schlafen, ich war so nervös. Würde es wieder klappen? Wir waren zu Besuch und wie den Tag zuvor war Purzel wieder vielen neuen Eindrücken ausgesetzt und konnte am Tag kaum schlafen. Ab zwei Uhr wachte ich jede Stunde auf um zu horchen, ob sich im Kinderzimmer etwas regt. Fehlanzeige. Selbes Spiel wie am Vortag. Schmerzende Brüste. Purzel musste morgens geweckt werden, nach mehr als 12 Stunden Schlaf. 
So verpufften drei Nächte glückseeligen Durchschlafens bei mir aufgrund schmerzender, weil träge reagierender Körperteile und dem Unglauben "Nee, das kann jetzt nicht ernst sein. Sie ist noch viel zu klein dafür."
Ich traue mich gar nicht, es zu erzählen. Noch weitere zwei Nächte Durchschlafens waren mir beschehrt. Und diese konnte ich sogar genießen. Ich kann mir vorstellen, dass mich etliche Mütter mit einem Baby gern vor Neid steinigen würden. Aber wisset, oh holde Weggefährtinnen, dass es mir selbst unheimlich ist.
Diese Nacht war Purzel um vier wieder hungrig. Das alte Muster. Leider war ich noch nicht so schnell umgestellt, so dass ich nach dem ca. 1 Stunden Stillen - Wickeln - Stillen nicht einschlafen konnte. Selbst das leise Atmen meines Mannes hinderte mich am Einschlafen. Erholungseffekt also gleich null.
Es bleibt spannend, waren die letzten Nächte mit Durchschlafen ein Ausrutscher oder die Nacht von gestern zu heute ein einmaliger Rückfall?

Wir werden es erleben, in der nächsten Folge von "Was machst Du eigentlich nachts?"

Euer Purzelbäumchen

1 Kommentar:

  1. Der Post ist wirklich unheimlich gut geschrieben! Ich konnte mir den einen oder anderen Schmunzler nicht verkneifen :)
    Überhaupt mag ich deinen Schreibstil total gerne und ich finde mich auch in vielen deiner Texte wieder! Nur die Bilder könnten nach meinem Geschmack etwas größer und vorallem einheitlich, sprich gleichgroß, sein... ist mir grade so aufgefallen! :)

    Liebe Grüße
    Bloggermami

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